Kreuzfahrten haben Hochkonjunktur. Aber nicht bei Bodo Kirchhoff.
Statt an einer Schiffsreise um die Welt, lässt er uns an seiner amüsant-sarkastischen Absage an die Welt der Luxusliner teilhaben:
Auf Wunsch der PR-Dame einer Reederei soll ein nicht ganz unbekannter Schriftsteller Lesungen aus seinen Romanen an Bord präsentieren. Gage, Außenkabine mit Balkon, freie Verpflegung und viele andere Annehmlichkeiten klingen höchst verlockend. Wenn nur nicht der 90-seitige obligatorische Fragebogen für ‚Gastkünstler’ wäre. Anstatt ihn auszufüllen, schreibt der Autor einen unterhaltsamen Absagebrief an die ihm unbekannte Dame. Dieser entwickelt sich neben aller Gesellschaftskritik still zu einem Sehnsuchtsbrief nicht ausgelebter Träume…
Ilja Richter ist mehr als nur ein begnadeter Vorleser. Mit schauspielerischem Können liest er den Text nicht aus der Distanz eines Erzählers, sondern nimmt uns mit in die Gefühlswelten des Autors. Die hohe Kunst des humorvollen Vortrags perfekt beherrschend, wird der Abend mit und durch ihn zu einem kurzweiligen Erlebnis, das auf die nächste Kreuzfahrt einstimmt. Oder auch nicht.
(Frankfurter Verlagsanstalt)
90 Minuten (mit Pause)
Inhaltsangabe:
Ein misanthropischer Romancier lebt mit seiner fast tauben kleinen Hündin in einem Appartement. Der Brief einer ihm unbekannten Frau regt seine männliche Phantasie an.
Nicht ein Internet Portal für einsame Herzen steht hier im Mittelpunkt. Die Anfrage einer Event Managerin an den Autor wegen möglicher Lesungen an Bord eines Luxusliners nimmt der Angeschriebene zum Anlass für eine unterhaltsame „Absage.“
Denn eigentlich will der Menschenscheue unter Menschen. Der Brief an die Unbekannte eines bekannten aber einsamen Sonderlings besteht aus lauter komischen Geschichten, die, kaum nieder geschrieben, Wirklichkeit werden. Zumindest in der Phantasie des Romanciers. Er schildert die Allüren der übersättigten Gesellschaft. Aber um seine nicht gesättigte Sehnsucht nach Liebe geht es eben auch.
Die Verhaltensweisen von Menschen an Bord eines Kreuzfahrtschiffes, gekreuzt mit nicht ausgelebtem Leben eines reifen Mannes, münden in eine Hoffnung :
Der Romancier sähe sich mit seinen dunklen Geschichten als Vorleser nur dann an Bord, wenn ihn die Event Managerin auf der Reise begleiten würde.
Der besondere Kniff dieser Inszenierung ist folgender:
Der Originaltext von Kirchhoff wird von Richter als Häftling in einer Zelle gesprochen, gespielt und: Der Hund existiert so wenig wie die vielen Whiskeyflaschen, von denen der Autor trinkt. Besoffen von seinen Wortkaskaden nach draußen, bleibt der Monolog ein komischer Kommentar auf eine aus den Fugen geratene Welt.
Ilja Richter stand mit 9 Jahren zum ersten Mal und überhaupt auf einer Berliner Bühne (Renaissance Theater, 1961). Ab dem 16. Lebensjahr moderierte er im ZDF die POP-SHOW „HOT AND SWEET“ (1969/1970), den Vorläufer der heute legendären DISCO. Ab dem 30. Lebensjahr wandte er sich dem Theater zu. Unzählige Film und Fernseh-Parts sind für ihn angenehme Nebengleise. Über 50 Theaterinszenierungen – von der Komödie bis zur Tragödie nennt er sein seit 50 Jahren laufendes „Praktikum“ Highlights? Seiner Meinung nach: Die NIBELUNGENFESTSPIELE in Worms unter Dieter Wedel, sein DOOLITTLE in My FAIR LADY und RICHARD III. am Deutschen Theater Göttingen. Aber auch die Komödie „DIE SOCKEN OPUS 124“ mit Dieter Hallervorden (2009 als Eröffnungspremiere des Berliner Schlosspark Theaters (Regie: Katharina Thalbach). 2016 startete Ilja Richter seinen ersten musikalischen Soloabend „ DURCH KREISLERS BRILLE“ – eine Hommage an den Wiener Kabarettpoeten.